Zur falschen Zeit, am falschen Ort

DVD-Kritik: Hounds of Love
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© Praesens Film

Mitten in den 1980er-Jahren, in einer Vorstadt in Australien. Es könnte überall passieren, genau das macht «Hounds of Love» so fies. Vicki, die Teenager-Tochter, streitet mit der Mutter, weil die sie nicht auf eine Party gehen lässt. Typisch Teenie, schleicht sich Vicki am Abend raus und wird wenig später von einem Paar in einem Auto angesprochen. Ob sie eine Mitfahrgelegenheit benötige, will der Mann wissen. Als Vicki verneint, lässt das Paar nicht locker. Da bieter die Frau ihr an, Drogen zu kaufen. Vicki zögert, steigt schliesslich aber ein und fährt mit zum Haus des Paares. Dass mit dem Paar etwas nicht stimmt, ahnt man als Zuschauer schnell. Als Vicki jedoch wenig später zur geplanten Party aufbrechen will, kettet der Mann sie mit Gewalt an ein Bett. Vicki erkennt panisch, in welcher Lage sie sich befindet. 

 

Das perfide an «Hounds of Love» ist, dass man ohne Vorbereitung in den Strudel aus Angst, Macht und Gewalt hineingezogen wird. Dabei verlässt der Film auf seine Wirkung, schaltet das Kopfkino an und verzichtet auf zu brutale Gewaltszenen. Das macht ihn aber nicht weniger eindringlich. Nur schon die Szene, in der Vicki am Bett festgekettet wird, während «Nights In White Satin» von The Moody Blues läuft, ist emotional äusserst intensiv. Was nicht zuletzt am Spiel von Ashleigh Cummings liegt. Ihre Vicki pendelt zwischen nackter Panik und eiskalter Berechnung. So merkt sie schnell, dass die Frau, Evelyn, gewisse Sympathien für sie hat und versucht das Paar gegeneinander auszuspielen. Emma Booth in der Rolle von Evelyn kontrastiert das Spiel von Cummings sauber und so entsteht ein seltsame Beziehung zwischen dem verzweifelten Teenager und der gnadenlos ihrem Mann hörigen Frau. Eigentlich will Evelyn ja nur ein Kind, kompensiert das aber mit ihren geliebten Hunden. Doch genau das nutzt ihr Partner aus. So ist neben der ambivalenten Beziehung zwischen den beiden Frauen auch die zweite Beziehung zwischen dem Entführer-Paar eine psychologisch interessante Baustelle. So bauen sich auf engstem Raum diverse Psychospielchen auf, die zum Teil dem Geist der Zeit, in der der Film spielt, entsprechen. Ohne das gut zu finden, gibt es «Hounds of Love» einen zusätzlichen Reiz. 

 

Stilistisch ist der Film an die Zeit, in der er spielt, angepasst. Keine Hochglanzbilder, dafür ein flirrender Soundtrack und ganz gezielt eingesetzte Songs von Joy Division, Cat Stevens oder Nick Cave. So entsteht ein intensiver Film über falsche Entscheidungen, Trotz, Unterdrückung und Verzweiflung. Durch die Perspektive auf er jungen Vicki kann der Film mit wenig Mitteln perfide Emotionen aufzeigen. Tief menschlich und verstörend, weil der Antrieb für die Prämisse zu verurteilen ist. Trotzdem gelingt Regisseur Ben Young mit seinem Spielfilm-Debüt ein Independent-Thriller, der nachdenklich macht. 

 

Eine falsche Entscheidung bringt Vicki in Teufels Küche. «Hounds of Love» lässt einen als Zuschauer mit der jungen Frau in der hoffnungslosen Situation leiden. 

  • Hounds of Love (Australia 2017)
  • Regie: Ben Young
  • Drehbuch: Ben Young
  • Besetzung: Emma Booth, Ashleigh Cummings, Stephen Curry
  • Laufzeit: ca. 108 Minuten
  • Im Handel: 6. Oktober 2017

 

Patrick Holenstein / Sa, 21. Okt 2017